Ringdurchmesser zur Vogelberingung
06.10.2018
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Der Vogelkot als Indikator verschiedener Krankheiten

Zum Verständnis der möglichen Ursachen für die  Veränderungen des "Vogelkotes" sind Kenntnisse über die anatomischen  Besonderheiten des Verdauungs- und Harntraktes des Vogels erforderlich. Die meisten Vogelarten haben einen Kropf, er ist eine sackartige Erweiterung der Speiseröhre, die als Futterspeicher dient. Hier wird das Futter angefeuchtet, es findet aber keine Verdauung statt. Der Vogelmagen gliedert sich in zwei Anteile. Zuerst erreicht das aufgenommene Futter den Drüsenmagen, wo wichtige Verdauungssäfte wie z.B. Pepsin und Salzsäure zugesetzt werden. Danach wird der  Futterbrei im Muskelmagen mechanisch durchgeknetet und zerrieben. Hierbei helfen  kleine Steinchen, die vom Vogel in Form von Grit und Sand aufgenommen werden. Nachdem die Nahrungsbestandteile den Magen verlassen haben, erreichen sie den  ersten Anteil des Dünndarmes. Hier münden die Ausführungsgänge der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Ihre Enzyme sind besonders wichtig für die Verdauung von Fetten und Stärke. Der Vogeldarm und die dadurch bedingte  Darmpassagezeit sind relativ kurz. Nicht alle Vögel besitzen Blinddärme, sie fehlen unter anderem bei Psittaziden, Finken und Tauben. An seinem Ende mündet  der Darm in die Kloake. Hier enden ebenfalls die Harnleiter und die  Geschlechtsorgane. Dies hat zur Folge, dass Vögel Kot und Harn nicht  getrennt - wie die Säugetiere - sondern gemeinsam abgeben. Als weitere wichtige Besonderheit ist zu erwähnen, dass Vögel keine Harnblase haben, sondern ihren  Harn in konzentrierter Form als Harnsäure absetzen. Vogelexkremente bestehen demnach aus folgenden Anteilen.

Kot:
Bräunlicher bis grünlicher, mehr oder weniger fest  geformter Strang. Vogelarten, die einen Blinddarm besitzen (z.B. Hühnervögel)  setzen darüber hinaus einen speziellen, grünlich-schaumigen Blinddarmkot ab.

Harn:
1.Harnsäurekristalle: Weißliche bis weißlich-gelbe Massen.
2.Flüssiger  Harnanteil: Durchsichtige, farblose Flüssigkeit.

Das aussehen, die Konsistenz und Farbe sowie die Menge der Ausscheidungen wird  von verschiedenen Umständen beeinflusst. Hierzu gehören beim gesunden Vogel zum Beispiel: Art, Tageszeit, Futter und Futtermenge, Wassermenge und  Fortpflanzungsaktivität. Beim kranken Vogel führen vor allem Infektionen,  Parasiten, Vergiftungen, Leber-und Nierenkrankheiten, Krankheiten der Bauchspeicheldrüse sowie Ernährungsfehler zu Veränderungen.

Durch die tägliche routinemäßige Kontrolle durch aufmerksame Vogelbesitzer können Veränderungen sehr bald erkannt werden. Das kann wichtige Hinweise zur Diagnose vieler Krankheiten liefern und zu ihrer frühzeitigen Erkennung beitragen.

Einige typische Veränderungen und mögliche Ursachen

Aufgrund der beiden Anteile der Ausscheidungen muss unterschieden werden in:

  1. Veränderung des Kotes
  2. Veränderung des Harnes
     

1.Veränderung des Kotes

Farbänderung:

  • Beim gesunden Tier
    Durch Aufnahme von stark gefärbten Futtermitteln  wie z.B. Heidelbeeren, Holunder, Kirschen, Karotten, Tierkohle oder durch  Futterumstellung (z.B. Umstellung auf Pelletfütterung).
     
  • Auffällig dunkel oder rötlich gefärbter Kot
    Durch Blutbeimischungen.  Stammt das Blut aus dem oberen Verdauungstrakt, wird es bei der Darmpassage  verdaut und färbt sich dadurch schwarzbraun. Stammt es aus dem Endteil des  Darmes, färbt es den Kot mehr oder weniger deutlich rot bis rotbraun.

    Mögliche Ursachen sind Verletzungen z.B. durch Fremdkörper, schwere Infektionen vor allem mit Bakterien, hochgradiger Parasitenbefall (z.B.  Kokzidien), Vergiftungen (z.B. Schwermetalle).
     
  • Gelblich bis grünlich
    Bei Lebererkrankungen durch die vermehrte Ausscheidung von Gallenfarbstoffen.

    Mögliche Ursachen sind Leberentzündungen durch Bakterien (z.B. Psittakose - Papageienkrankheit). Viren (z.B.Pacheco'sche Papageienkrankheit) oder Parasiten. Leberschädigungen z.B. durch Vergiftungen können zu ähnlichen Farbveränderungen führen.
     
  • Blass-graubraun und voluminös
    Bei schweren Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse durch eine Störung der Fett-und Stärkeverdauung.
     

Weicher Kotstrang:

  • Beim gesunden Tier
    Durch Futterumstellung oder Aufnahme größerer Mengen von Weichfutter oder Obst und Gemüse.
     
  • Echter Durchfall
    Der Kotteil ist nicht geformt, zusätzlich können Gasblasen zu sehen sein, er kann unangenehm riechen. 
    Oft sind im Zusammenhang mit Durchfall auch Farbänderungen in intensiv grün oder gelblich zu sehen.

    Mögliche  Ursachen sind Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen, Parasitenbefall.

Beimengungen:

  • Parasiten
    Nur bei sehr schweren Befall sind schon mit freiem Auge  Würmer im Kot zu sehen.
    In den meisten Fällen ist jedoch eine mikroskopische Untersuchung zum Nachweis von Parasiten oder deren Eier notwendig.
     
  • Unverdaute Körner
    Ein Alarmzeichen für eine schwere Erkrankung im Bereich des  Kropfes, des Magens oder im Darm! Der Vogel leidet unter einer  Verdauungsstörung, er frisst womöglich auffällig viel, kann das Futter aber  nicht verwerten und verliert dadurch schnell an Gewicht und Kraft.

    Mögliche Ursachen
    Es kann sich um die Neurogene Magendilatation - eine  unheilbare, viral bedingte Infektionskrankheit der Papageien handeln.

    Beim Wellensittich kann eine Infektion mit derzeit noch als "Megabakterien" bezeichneten Erregern zu den gleichen Erscheinungen führen. Neuere Studien belegen, dass es sich bei ihnen aber mit großer Wahrscheinlichkeit um Pilze handelt. Aber auch andere Erkrankungen des Magen, Darm, der Bauchspeicheldrüse oder Parasitenbefall sind in Erwägung zu ziehen.


2. Veränderung des Harnanteiles

Vermehrte Flüssigkeitsausscheidung:

Die weißen Harnsäureauflagerungen des Kotes  können Fehlen, der Kotstrang  schwimmt in einem Flüssigkeitssee.

  • Beim gesunden Tier
    Vermehrte Wasseraufnahme (Hitze), Gemüse oder Weichfutter. Bei Stress z.B. durch Transport, Tierarztbesuch, Ausstellung ist eine vermehrte Flüssigkeitsausscheidung normal, ebenso während der Legeperiode.
     
  • Erkrankung der Niere
    Das Unvermögen der Nieren, den Harn zu konzentrieren führt zu starken Flüssigkeitsverlusten, damit zu Austrocknung und Bluteindickung. In diesen Fällen wird häufig auch vermehrte Wasseraufnahme beobachtet.
     
  • Mögliche Ursachen 
    Bakterielle Infektionen der Nieren, Nierenschädigung  durch Gifte (z.B. Schwermetalle oder Pilztoxine), hormonelle Störungen.
     
  • Diabetes 
    Verschiedene Formen des Diabetes z.B. Blutzuckerkrankheit (Diabetes mellitus) führen zu vermehrter Wasseraufnahme und damit verbundener vermehrter Flüssigkeitsausscheidung. Die Erkrankung ist beim Vogel selten.

Farbänderung:
Wie beim Kot führen Lebererkrankungen häufig auch zu einer grünlichen bis  gelblichen Färbung des Harnteils durch vermehrte Ausscheidung von  Gallenfarbstoffen. Blutungen im Bereich des Harntraktes führen zu rosa bis roten Verfärbung des Harnes. Die Ursachen entsprechen jenen beim Kot.


Es wird nur Harn ausgeschieden, der Kot fehlt oder ist stark verringert

  • Beim gesunden Tier
    Der Vogel hat längere Zeit  nichts gefressen ("Hungerkot"). Dies kann der Fall sein, weil der Vogel kein  Futter bekommen hat, oder es nicht erreichen konnte, bei längeren Transporten ohne Fütterung, oder am Morgen vor der ersten Futteraufnahme, wenn sich der Darm in der Nacht entleert hat.
     
  • Der Vogel kann kein Futter aufnehmen
    Veränderungen im Bereich des Schnabelhornes oder in der Schnabelhöhle.

    Mögliche Ursachen, Verletzungen, Fremdkörper, Beläge durch Bakterien, Sproßpilze oder Parasiten (Trichomonaden).
     
  • Keine Futteraufnahme
    Verschiedene Erkrankungen führen zu Appetitlosigkeit, ebenso können Stress oder schmerzhafte Veränderungen zur  Einstellung der Futteraufnahme führen.
     
  • Futter wird nach der Aufnahme wieder herausgewürgt
    Bei Erkrankungen des Kropfes wie Verletzungen, Entzündungen, Infektionen.

    Mögliche Ursachen sind Fremdkörper, Parasiten (z.B. Trichomonaden), Bakterien, Megabakterien, Pilze.
     
  • Passagestörungen
    Der Darminhalt wird nicht weiter transportiert.

    Mögliche Ursachen sind Kropfanschoppung, Magendilatation (z.B. Neurogene Magendilation), Fremdkörper, oder Tumore im Bereich des Darmes, Verletzungen und Verwachsungen, Einengung des Darmes von außen z.B. steckengebliebene Eier bei Legenot oder Tumoren benachbarter Organe.
     
  • Verstopfung
    Bei Vögeln, im Gegensatz zu Säugetieren relativ selten.


Vermehrte Ausscheidung von Harnsäure:
Der Kot ist mit überdurchschnittlich großen Mengen kreideartiger Harnsäure  versetzt, der "weiße" Anteil ist vermehrt      

  • Ursache Gicht
    Eine Erkrankung bei der vermehrte Mengen an Harnsäure anfallen, die sich einerseits an Organen ablagern können (Viszeralgicht) oder mit den Nieren ausgeschieden werden. In fortgeschrittenen Fällen können vor allem an den Zehengelenken, helle knötige Auftreibungen  gesehen werden.

    Es handelt sich dabei um Harnsäureansammlungen, sogenannte Gichtknoten, die sehr schmerzhaft sind. Die Ursachen werden in Fütterungsfehlern, Nierenschädigungen durch zurückliegende Krankheiten und angeborenen Stoffwechselstörungen vermutet.

Verteilung von Kot und Harn im Käfig

Gesunde Vögel sind tagsüber die meiste Zeit in Bewegung, demnach sind die  Kotportionen über den gesamten zur Verfügung stehenden Raum verteilt. Ist das nicht der Fall, kommt es zu Ansammlungen von größeren Kotmengen an bestimmten  Stellen des Käfigs. Dies deutet darauf hin, dass sich der Vogel nicht, oder nur wenig von der Stelle bewegt und kann als Anzeichen für eine Erkrankung gewertet werden.

Empfohlene weitere Untersuchungen zur Diagnosestellung

  • Parasitologische Kotuntersuchung
    Eine frische Kotprobe wird  mikroskopisch auf das Vorhandensein parasitärer Objekte (Einzeller, Wurmeier) untersucht. Die Behandlung ist abhängig von der Art der Parasiten!
     
  • Bakteriologische Untersuchung
    Um eine Aussage über bakteriell bedingte  Darminfektionen treffen zu können, empfiehlt sich die Entnahme von Kloaken - ggf.  auch von Kropftupfern. Die Untersuchung von Kotproben, die vom Boden entnommen  wurden, ist problematisch, da diese verunreinigt sein können. Im Rahmen dieser  Untersuchung können auch Pilzinfektionen nachgewiesen werden.
     
  • Untersuchung auf Psittakose
    Erreger der Papageienkrankheit sind Chlamydien. Es sind Organismen aus der Gruppe der Bakterien, die besondere Verfahren für ihren Nachweis benötigen Zur Untersuchung können Tupfer oder  Kotproben herangezogen werden.
     
  • Viren
    Der Nachweis von Viren bei Ziervögeln ist in vielen Fällen schwierig. Nicht für alle Krankheiten stehen spezielle Verfahren zur Verfügung. Manche Erreger können mit Hilfe von Blutproben nachgewiesen werden.
     
  • Röntgen
    Röntgenaufnahmen helfen oft bei der Diagnose von Erkrankungen des Magen-Darmtraktes, aber auch aber auch bei Veränderungen der Niere und Gonaden. In manchen Fällen sind Kontrastmittelstudien erforderlich. In letzter Zeit wird auch beim Vogelpatienten immer häufiger die Ultraschalluntersuchung  herangezogen.
     
  • Blut
    Die Untersuchung von Blutproben liefert wichtige Zusatzinformationen zur Ursache und zum Schweregrad der Erkrankungen und ermöglicht die eindeutige Diagnose von Gicht.

Fazit
Wie anhand der oben genannten Beispiele gezeigt wurde, liefert die genaue Kontrolle des "Vogelkotes" eine Reihe von Hinweisen auf verschiedene Erkrankungen. Bei aufmerksamer Beobachtung können viele Probleme bereits im Frühstadium entdeckt werden, dies wirkt sich positiv auf einen Behandlungserfolg aus. Zur Feststellung der genauen Ursachen ist aufgrund der zahlreichen  möglichen Ursachen für derartige Veränderungen ein Tierarztbesuch jedoch unumgänglich. Die genaue Beschreibung der beobachteten Veränderungen hilft in jedem Fall, die möglichen Ursachen einzuengen und gezielte weiterführende Untersuchungen durchzuführen.

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